- Ausbildung
Aktive aus Waging zur Ausbildung auf Gardasee
Feuerwehren Riva del Garda und Waging am See trainierten in Italien
Waging, Riva del Garda. „Liebe Freunde, es war eine große Freude euch alle kennenzulernen. Bis Freitag kannten wir uns nicht, aber Feuerwehrleute auf der ganzen Welt sprechen dieselbe Sprache. Jetzt kennen wir uns als Brüder. Alle Jungs hier sind sehr begeistert von Euch und sehr glücklich! Nochmals vielen Dank für diese Gelegenheit“, mit diesen Worten bedankte sich Romulo Guizzetti, der Capo Plotono, also der Zugführer der Vigili del fuoco Riva del Garda. Die Freiwillige Feuerwehr Waging am See war an drei Tagen für ein gemeinsames Ausbildungswochenende der Bootsführer mit der italienischen Freiwilligen Feuerwehr am nördlichen Ende des Gardasees eingeladen.
Um ein Feuerwehrboot führen zu dürfen ist ein einwöchiger Lehrgang in der Staatlichen Feuerwehrschule in Regensburg zu absolvieren. Das dort erworbene Wissen ist dann auf den heimischen Gewässern zu trainieren. Wichtig ist auch eine stete Fortbildung, um das vorhandene Wissen zu festigen und neue Kenntnisse zu erlangen.
Regelmäßig wird die Feuerwehr Waging zu technischen Hilfeleistungen, Umweltschutzeinsätzen, Personensuchen, Leichenbergungen und zur Unterstützung der Wasserrettungsorganisationen auf den Waginger- und Tachinger See alarmiert. Auch zur Brandbekämpfung im Uferbereich musste in der Vergangenheit schon ausgerückt werden. Im Katastrophenfall kann das Mehrzweckboot der Feuerwehr auch bayernweit alarmiert werden.
Um auch in unbekannten Gewässern wichtige Erkenntnisse zu erlangen und auf das Fachwissen anderer Feuerwehren zurückgreifen zu können, führten die Waginger Feuerwehrler bereits mehrfach sogenannte Bootsführer-Ausbildungswochenenden beispielsweise bei den Freiwilligen Feuerwehren in Deggendorf und Passau durch. Auch auf dem Chiemsee und der Salzach wurden schon derartige Schulungen abgehalten. Diesmal lag das Ziel allerdings weiter im Süden.
Nachdem dieses Ausbildungswochenende von der Marktgemeinde Waging am See abgesegnet wurde, konnte mit den letzten Planungen begonnen werden. Wie Thomas Pfeffer, welcher bei der Waginger Feuerwehr für die Bootsausbildung zuständig ist, berichtet, war vor der Abreise zu der Feuerwehr in der italienischen Provinz Trentino einiges zu organisieren: „Wir erkundigten uns beim Landesfeuerwehrverband Bayern was hierbei alles zu beachten sei. Das Bundesministerium für Inneres in Österreich genehmigte uns sogar eine Mautbefreiung auf der österreichischen Autobahn und dem Brennerpass. Die Kosten in Italien übernahmen die Verantwortlichen der Feuerwehr Riva“.
An den drei Tagen vor der Abreise galt es dann, die Fahrzeuge und Gerätschaften startklar zu machen. Das in den Sommermonaten am See stationierte Mehrzweckboot musste verladen werden, Boot- und Fahrzeuge wurden gereinigt und überprüft und natürlich Gepäck und Ausrüstung verladen. Der in der Mautbefreiung vom Ministerium des Inneren Österreich bezeichnete „Zivilschutzkonvoi Deutschland“ machte sich mit dem Gerätewagen-Logistik (GW-L2), dem Mehrzweckboot (MZB) und dem Mannschaftstransportwagen (MTW) auf den Weg.
Gemeinsam mit Romulo Guizzetti aus Riva, Thomas Pfeffer als Vertreter der Bootsführer und Martin Domann als Wasserretterausbilder wurden dann die Abschlussplanungen im wahrsten Sinne des Wortes „festgezurrt“. Zehn Feuerwehrmitglieder machten sich dann auf die Reise. Neben den beiden Organisatoren Thomas Pfeffer und Martin Domann waren noch der stellvertretende Vorsitzende Maximilan Danzl, Daniel Drießlein, Anton Groschack (beruflich Leiter der Integrierten Leitstelle Traunstein), Max Huber, Christian Lapper, Florian Metzger, Roland Neumann und Erich Wieland dabei.
Zu Besuch kamen dann noch der Waginger Ehrenkommandant Alois Pfeffer mit seiner Frau Theresia hinzu, die an diesem Wochenende einen Urlaub in Riva verbrachten und aufgrund der Italienischkenntnisse als „Dolmetscher“ eingesetzt wurden.
Mit im Gepäck waren ein offizieller Geschenkkorb des Marktes Waging am See, italienisches Infomaterial über den Waginger See und Souvenirs der Waginger Tourist Info, sowie mehrere Informationen wie Jahresberichte und Chroniken über die Waginger Feuerwehr, welche sich mit den besten Grüßen von Bürgermeister Matthias Baderhuber auf den Weg über den Brenner machten.
Bereits im Vorfeld erhielten alle Teilnehmer von der Tourist Info Trentino in Riva die Erlaubnis für die Dauer des Aufenthaltes alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Region gratis nutzen zu dürfen und auch freien Eintritt bei vielen Museen und Sehenswürdigkeiten – leider blieb auf Grund des eng getakteten Zeitplans nicht allzu viel Zeit die Sehenswürdigkeiten des Ortes zu erkunden.
Kurz nach der Ankunft gab es auch gleich eine Führung durch die Fahrzeughallen der großen Feuerwache in Riva. Die rund 60 ehrenamtlichen Helfer der 18 000 Einwohner fassenden Stadt rücken im Jahr zu etwa 1000 Einsätzen aus. In einem 24-Stunden-Betrieb besetzen sie sogar die Rettungsleitstelle in Riva, tagsüber durch Personal der Gemeinde und am Abend und am Wochenende durch die ehrenamtlichen Helfer. Die Feuerwehr Riva del Garda wurde 1864 gegründet. Ursprünglich war dies eine bewaffnete Bürgerwehr, aus der sich dann die Brandschützer entwickelten. Wie den Gästen berichtet wurde, gehörte damals Riva noch zu Österreich und die Hauptstadt Wien mit ihren Streitkräften war weit weg. Daher mussten sie sich im Falle einer Bedrohung selbst verteidigen.
Die Provinz Trentino verwaltet sich im Gegensatz zum restlichen Staatsgebiet Italiens selbstständig. „Die Feuerwehr in Italien besteht zum Großteil aus Berufsfeuerwehren ausschließlich in größeren Städten“, wie Thomas Pfeffer zu berichten weiß. „Die Feuerwehren in der autonomen Provinz Trentino sind allerdings ähnlich strukturiert wie die Feuerwehren in Bayern. Diese sind auf Ebene der Führung, Verwaltung und einsatztaktischer Organisation mit Einsatzleiter, Zugführer, Gruppenführer und Mannschaft ähnlich organisiert wie bei uns“.
„Bei den Übungseinheiten, welche unsere Kameraden aus Riva für uns ausgearbeitet hatten, wurden wir dann auch ganz schön gefordert“, so Martin Domann. „Das Ausbildungsziel war die sichere Handhabung von Feuerwehrbooten auf unbekanntem Gewässer, welche durch starken Wellengang, Windstärke und Strömungen beeinflusst wurden.“ Zu Beginn jedoch stand Theorie im Schulungsraum des Feuerwehrhauses auf dem Programm. Die praktischen Übungsfahrten starteten dann im „historischen Hafen“ direkt im Ortskern von Riva, sowie im Yacht-Hafen „Porto San Nicolo“, wo auch die Feuerwehr und weitere Wasserrettungseinheiten, sowie die Polizei stationiert sind. Weitere Übungseinheiten fanden im im Fluss „Sarca“ bei Torbole und am „Cascata del Ponale“, einem Wasserfall am Uferweg zwischen Riva und Limone statt. Zum Einsatz kamen dabei mehrere Feuerwehrboote und auch der Rettungs-Jet-Ski aus Riva, ein ganz besonderes Einsatzmittel, welches sich aber für die Personenrettung als äußert praktikabel erwies. Zusätzlich wurde noch die Personenrettung aus einem Fluss mit verschiedenen Wurfbeuteln geübt.
Zu beachten waren die verschiedenen Windverhältnisse am Gardasee. Aus dem Süden kommt die „Ora“, der berühmteste Wind des oberen Gardasees und ein geläufiger Begriff für Segler und Surfer aus aller Welt. Im Tagesverlauf wechselt sich die Ora mit dem Pelér aus dem Norden ab, weshalb windtechnisch immer etwas geboten ist. Der Wind „Balin“ entfaltet sich vom Ballino Berg über das nordwestliche Tal von Riva. Er setzt meistens nach starker Abkühlung ein und bezieht dieselbe Zone wie der Pelér. Der Balin weht wesentlich stärker und wird von den Bergen im Norden auf die Seemitte zurückgeworfen. Er bewegt durch seine Stärke sehr viel Wasser und kann daher Wellenhöhen bis zu 1,50 Meter erzeugen.
„Im Unterschied zu Bayern übernimmt die Wasserrettung am Gardasee hauptsächlich die Feuerwehr und der Zivilschutz, auch wenn es weitere Rettungsdienste gibt“, so Martin Domann. „Diese sind aber im Jahr nicht immer durchgehend besetzt. Daher bekamen wir noch einen Schnellkurs mit den italienischen Erkenntnissen der Wasserrettung. In Deutschland werden einem solchen Fall die Helfer der Wasserwachten bzw. der DLRG alarmiert. Die zusätzlich alarmierte Feuerwehr unterstützt mit Material und Mannschaft“.
Neben den Ausbildungen wurden die Feuerwehrmänner aus Waging auch mit einem echten Einsatz konfrontiert. Während einer Besorgungsfahrt fand genau auf dieser Strecke ein Verkehrsunfall statt. Kurzerhand wurden die bayerischen Kameraden ausgerüstet und unterstützten die Kräfte aus Italien, um die Fahrbahn schnellstmöglich wieder freizubekommen.
Verpflegt wurden die Mitglieder der Waginger Feuerwehr auf das Beste! „Uns wurde nicht nur ein Appartement auf Kosten der Feuerwehr Riva zur Verfügung gestellt, sondern wir wurden auch typisch italienisch verpflegt“ wie der stellvertretende Vorsitzende Maximilan Danzl erwähnte. „Kaffee in sämtlichen Varianten, typisches italienisches Frühstück, Pasta am Mittag und am Abend ein reichhaltiges Menü – die Italiener legen großen Wert auf Qualität“.
Die „Mitbringsel“ aus Bayern konnten dann am Abend überreicht werden. „Da die Feuerwehr Riva kurz vor der Beschaffung eines neuen Löschfahrzeuges steht, hätten sie sich besonders für die Technik des Waginger Tanklöschfahrzeuges interessiert“, so Thomas Pfeffer. „Wir haben ihnen als Ersatz dafür „unser“ Tanklöschfahrzeug TLF 16/25 als Fahrzeugmodell im Maßstab 1:87 überreicht, und erhielten dafür große Jubelrufe von Seiten der Italiener“.
Am nächsten Tag stand dann der unvermeidliche Abschied auf dem Programm. Comandante Graziano Boroni, Vice Comandante Massimio Spada, Zugführer Stefano Ropelato, sowie Ispettore Distrettuale Marco Menegatti – bei uns in etwa die Funktion eines Kreisbrandrates – natürlich Romulo Guizzetti und viele weitere „Vigile“ der Feuerwehr verabschiedeten die Gäste aus dem Rupertiwinkel. Mit mehreren Geschenken, unter anderem einer Auszeichnung des „Unione Distrettuale Vigili del fuoco Volontari Alto Garda e Ledro“, also dem dortigen Bezirksfeuerwehrverband, ging es dann wieder heimwärts. Mit aufgefrischtem Feuerwehr-Fachwissen, zahlreichen neuen Erkenntnissen in der Personenrettung und vielen positiven Eindrücken, natürlich verbunden mit dem Wunsch nach einem Wiedersehen der beiden Feuerwehren.
Text und Bilder
Thomas Pfeffer
Kreisfeuerwehrverband Traunstein