17.03.2024
  • Feuerwehren

„Langsam kehrt im Ort wieder Ruhe ein“

Rückblick auf das Busunglück vor wenigen Wochen – Topthema in Petting

Petting. Der 24.01. wird in der 2.400 Einwohnergemeinde Petting am Waginger See sicherlich Einzug in die Geschichtsbücher finden. An jenem Tag ist in den Mittagsstunden ein Linienbus in unmittelbarer Nähe zum Feuerwehrhaus mit einem Kleinbus kollidiert, kam infolgedessen von der Fahrbahn ab und prallte an die Außenmauer der Fahrzeughalle des Feuerwehrhauses, die daraufhin teilweise einstürzte. Weiter tangierte der Bus auf seiner Irrfahrt ein abgestelltes Einsatzfahrzeug und kam erst in der Alarmausfahrt zum Stehen. Insgesamt vier Personen wurden mitunter schwer verletzt.


Gut vier Wochen nach dem Unglück trafen sich nun die beiden Kommandanten Georg Mayer und Thomas Sammer und der aktive Feuerwehrmann Hans Sammer sowie Bürgermeister Karl Lanzinger und Kreisbrandrat Christof Grundner, um über die Geschehnisse am Unfalltag und die Wochen danach zu sprechen. Die Spuren des Unglücks sind noch deutlich sichtbar. Die klaffende Lücke am 23 Jahre alten Feuerwehrhaus haben die Aktiven der Wehr noch am selben Abend mit Hilfe eines örtlichen Zimmereibetriebes geschlossen, dennoch ist noch überall Ziegelstaub verteilt und die Unfallspuren rund um das Gebäude sind ohnehin deutlich zu sehen.


Das beschädigte Löschfahrzeug (LF 20) ist mittlerweile zur Reparatur und vor wenigen Tagen haben Gutachter den Gebäudeschaden in Augenschein genommen. „Wenn nun alles reibungslos über die Bühne geht, dann sind hoffentlich alle Schäden Ende des Jahres behoben“, zeigt sich Kommandant Georg Mayer zuversichtlich.


Stellvertretender Kommandant sofort zur Stelle
„Zum Unfallzeitpunkt war ich nur wenige hundert Meter entfernt“, berichtet Thomas Sammer und schildert eindrücklich wie er einen lauten Schlag gehört hat und dann eine Staubwolke über dem Feuerwehrhaus aufgestiegen ist. „Ich habe alles stehen und liegen gelassen und bin sofort dorthin gefahren. Zunächst habe ich mir grob einen Überblick verschafft und mittels Fahrzeugfunk einen Notruf zur Integrierten Leitstelle in Traunstein abgesetzt, um die Rettungskette in Gang zu setzen.
Anschließend wollte ich manuell die Sirene auslösen, dass ging aber nicht, weil der Bus genau die Stelle getroffen hat, bei der alle Versorgungsleitungen ins Feuerwehrhaus führen und das Gerätehaus somit stromlos war. Danach habe ich noch eine Sprachnachricht in die WhatsApp Gruppe der Aktiven geschickt“, so der stellvertretende Pettinger Kommandant.


Der Spint war nicht mehr dort wo er stand
Hans Sammer, der Vater des stellvertretenden Kommandanten ist seit 50 Jahren bei der Feuerwehr Petting aktiv und war als einer der ersten Feuerwehrhelfer vor Ort. „Das war schon ein unwirkliches Bild“, beschreibt er rückblickend seine ersten Eindrücke und ergänzt, „als ich mich umziehen wollte war mein Spint und meine Einsatzkleidung nicht mehr da“. Der langjährige Maschinist hatte seinen Umkleidebereich genau an der Stelle, wo in Folge des Unfalls nun ein großes Loch klafft. Die Spind-Reihe wurde mit dem Bus mitgeschleift und wurde bei den Aufräumarbeiten im Hof des Feuerwehrhauses gefunden.


Der Busfahrer war im Fahrerbereich eingeklemmt. Ein Mädchen saß im Bus, vollständig mit Zielsteinen bedeckt, die allesamt in den Innenraum gefallen waren. Eine weitere Mitfahrerin war augenscheinlich unverletzt. Nachdem die ersten Pettinger Helfer mittels Schere und Spreizer die Lehne des Sitzes entfernt und somit den Kopf freigelegt hatten, begannen sie das Mädchen mit bloßen Händen aus ihrer misslichen Lage zu befreien und die Ziegelsteine nach und nach aus dem Bus zu werfen. 


Weitere Einsatzkräfte haben alles für die Technische Rettung des Fahrzeuglenkers in die Wege geleitet. „Wir konnten mit Ausnahme des Mehrzweckfahrzeugs mit keinem Auto die Fahrzeughalle verlassen. Daher mussten sämtliche Gerätschaften aus der Halle getragen werden“, berichtet Georg Mayer. Das Mehrzweckfahrzeug wurde um das Gebäude gefahren, „damit wir so schnell wie möglich mit der Ordnung des Raumes für die heraneilenden Retter beginnen konnten“, so Pettings Kommandant.


Erleichterung, dass es keine Toten zu beklagen gab
In einem Kraftakt war das verschüttete Mädchen innerhalb kurzer Zeit befreit, so dass sich die Feuerwehrkräfte ganz auf die Rettung des Busfahrers konzentrieren konnten. Parallel dazu kümmerten sich Einsatzkräfte um die Fahrerin des Kleinbusses, mit dem der Linienbus ursprünglich zusammengestoßen war.


„Als ich an der Einsatzstelle eintraf, waren bereits alle Verletzten abtransportiert und die Vorbereitungen zur Gebäudesicherung wurden getroffen. Ich konnte mich davon überzeugen, dass alles strukturiert und professionell abgelaufen ist. Vor allem war ich aber beim Anblick des Schadensbildes erleichtert, dass es keine Toten zu beklagen gab“, reflektiert Pettings 1. Bürgermeister Karl Lanzinger jenen Nachmittag im Januar.


Nachdem die Gutachter der Polizei beziehungsweise Staatsanwaltschaft die Einsatzstelle freigegeben und die meisten der Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst und Technischen Hilfswerk den Unglücksort verlassen hatten begannen die Pettinger Feuerwehrleute zusammen mit einem Statiker sowie einer örtlichen Zimmerei damit, das Dach der Fahrzeughalle abzustützen und das Loch zu verschallen. 


Augenmerk auf psychosoziale Nachbetreuung der Einsatzkräfte
Nach Abschluss der Arbeiten in den Abendstunden sind alle Einsatzkräfte der Pettinger Wehr zu einer Nachbesprechung im Feuerwehrhaus zusammengekommen, um über die Erlebnisse zu sprechen. „Da insbesondere das Mädchen im Ort wohnt, war die Stimmung durchaus gedrückt“, erinnert sich Georg Mayer. Am kommenden Tag gingen dann die Aufräumarbeiten weiter, damit die Feuerwehr den Regelbetrieb aufrechterhalten konnte.


Diese Gelegenheit nutzten die Feuerwehrleute erneut, um miteinander ins Gespräch zu kommen damit die Erlebnisse verarbeitet werden konnten. „In den letzten Wochen hatten wir ganz viele Einzelkontakte zu unseren Aktiven. Es war uns wichtig, dass wir bei psychischen Problemen schnell weitere Schritte einleiten können“, betont Pettings Kommandant, der selbst über viele Jahre Erfahrung im Kriseninterventionsteam verfügt.


„Nachdem einige Tage nach dem Unfall bekannt wurde, dass sich das Mädchen auf dem Weg der Besserung befindet war ich richtig erleichtert“, sagt Karl Lanzinger und die beiden Kommandanten betonen, „dies hat man auch in der Mannschaft gespürt, dass dort ein Aufatmen durch die Reihen geht“.


Großes regionales und überregionales Medieninteresse
Weiter berichtet der Kommandant, dass er wegen des Unfalls über 400 Nachrichten und Anrufe erhalten hat. „Glücklicherweise hat die Pressestelle des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein komplett die Pressebetreuung übernommen, so dass wir den Rücken für die Dinge vor Ort frei hatten“, zeigt sich Georg Mayer dankbar. In Summe waren das etwa 50 telefonische und 20 schriftliche Anfragen sowie mehrere Telefon- und Radiointerviews von regionalen und überregionalen Redaktionen, die das Team der Pressestelle in den darauffolgenden Tagen abgearbeitet hat.


In den Wochen nach dem Unfall ist bereits sehr viel passiert. „Seitens der Feuerwehr Fridolfing wurde uns ein ausgemustertes Mehrzweckfahrzeug angeboten, dass wir bis auf weiteres als Mannschaftsfahrzeug wegen des beschädigten Löschfahrzeugs nutzen können. Bürgermeister und Kommandanten berichten übereinstimmend, dass nur ganz wenige Gespräche mit der Gemeinde Fridolfing nötig waren und auch die Ummeldung bei der Taktisch Technischen Betriebsstelle Bayern (TTB) in Traunstein innerhalb weniger Stunden erledigt wurde. „Insgesamt erreichten uns dutzende Hilfs- und Unterstützungsangebote von Feuerwehren, Firmen aber auch Privatleute“, zeigt sich Georg Mayer im Nachgang sehr dankbar.


Notstromversorgung sichert die Einsatzbereitschaft
Nachdem die abgerissene Strom- und Wasserversorgung innerhalb weniger Tage repariert war, ist die Telekommunikation auch nach mehr als vier Wochen immer noch nicht hergestellt. Derzeit behilft sich die Feuerwehr mit einem Richtfunk, damit die Grundversorgung im Feuerwehrhaus gewährleistet ist. „Glücklicherweise haben wir im Feuerwehrhaus eine Notstromversorgung. Diese wurde für rund zwei Tage aktiviert, damit die Fahrzeuge und Einsatzgeräte geladen wurden und die Infrastruktur im Feuerwehrhaus betriebsbereit gehalten werden konnte“, betont der Kommandant.


Sowohl der Kreisbrandrat Christof Grundner als auch die Beteiligten der Feuerwehr betonten den glücklichen Umstand, dass die Feuerwehr Petting im August vergangenen Jahres eine Großübung mit einem umgestürzten Bus durchgeführt hatte und somit die Helfer mit der Materie grundsätzlich vertraut waren.


„Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren verstärkt die Ausbildung zur Technischen Hilfeleistung vorangetrieben und neben Standortschulungen auch die Angebote zur LKW-Rettung des Kreisfeuerwehrverbandes sowie an der Landesfeuerwehrschule in Anspruch genommen“, sagt Pettings stellvertretender Kommandant und erinnert sich, „ganz zu Beginn sind mir gleich viele Dinge in den Kopf geschossen, die wir bei der Übung trainierten und ich hatte das Gefühl, ich weiß was zu tun ist“.
„Ein Verkehrsunfall mit vier Verletzten ist nichts ungewöhnliches“, betont Kreisbrandrat Christof Grundner und ergänzt, „der Eigenschaden am Haus und die damit verbundene schlagartig eingeschränkte Einsatzbereitschaft der zuständigen Feuerwehr sowie das große Trümmerfeld ist für die Helfer der Feuerwehr schon zur Belastungsprobe geworden“. Seiner Meinung nach ist der Einsatz dank der Erkenntnisse aus der Großübung sowie der schnellen Strukturierung der Rettungskräfte insgesamt sehr gut abgearbeitet worden.


Allesamt zeigen sich froh darüber, dass die Unfallbeteiligten mittlerweile auf dem Weg der Besserung sind und bisher alle notwendigen Schritte zur Regulierung des Sachschadens reibungslos verlaufen sind. „Mit ein bisschen Glück, sind die Spuren am Haus und am Fahrzeug Ende des Jahres beseitigt sind“, zeigen sich die Kommandanten zuversichtlich und Bürgermeister Karl Lanzinger ist froh darüber, „dass nach dieser Aufregung im Ort langsam wieder Ruhe einkehrt, wenngleich auch auf die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung sowie auf die Verantwortlichen der Feuerwehr noch viel Arbeit zur Regulierung zukommen wird“. Hob

Text und Bilder
Hubert Hobmaier
Kreisfeuerwehrverband Traunstein

Teils Archivbilder KFV Traunstein und Feuerwehr Petting
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