17.07.2022
  • Übung

Mit "Gurgui" und "Feuerpatschen" zum Übungseinsatz

Nirnharting und Waging trainieren den Ernstfall – Schwerpunkt Vegetationsbrand

Waging, Nirnharting. Einen Klappspaten, die sogenannte "bayerische Sandschaufel" oder auch das Multifunktionswerkzeug „Gurgui“ verbindet man in erster Linie nicht mit dem abwehrenden Brandschutz der Feuerwehren. In Verbindung mit Feuerpatschen sowie speziellen Löschrucksäcken sind dies jedoch sehr effektive Werkzeuge zum Löschen von Wald- oder Vegetationsbränden. Nicht immer sind es medienwirksame Großbrände, wenn von Waldbränden die Rede ist. Aufgrund der heißen und trockenen Sommermonate in den vergangenen Jahren gewinnt die sogenannte Vegetationsbrandbekämpfung bei den Feuerwehren zunehmend an Bedeutung. Selbst während schneearmer Wintermonate besteht die Gefahr von Waldbränden. Um für derartige Schadenslagen gerüstet zu sein, führten die Freiwilligen Feuerwehren Nirnharting und Waging am See eine Gemeinschaftsübung zu diesem Spezialthema durch.
„Mit dem Weitmoos haben wir in unserem Einsatzbereich ein Gebiet, bei dem eine Waldbrandgefahr gegeben ist", so Kommandant Wolfgang Sedlmayer von der Feuerwehr Nirnharting. „Um dafür vorbereitet zu sein, verfügen wir in Nirnharting über diese Spezialwerkzeuge, um Erstmaßnahmen bei einem Brand sofort einleiten zu können. Weitere Ausrüstungsgegenstände kommen dann unterstützend von der Waginger Feuerwehr". Unerlässlich sind auch Tanklöschfahrzeuge mit großen Löschwassertanks. Insbesondere in den südeuropäischen Ländern wie Italien und Portugal aber auch in Frankreich verfügen die Feuerwehren über spezielle geländegängige Waldbrandtanklöschfahrzeuge. In Deutschland übernehmen diese Aufgaben in der Regel „Standard Löschfahrzeuge“, die zu unterschiedlichen Einsatzlagen Verwendung finden.
Wie der Kommandant der Waginger Feuerwehr, Michael Schramke, im Theorieteil der Schulung betonte, unterscheidet sich die Brandbekämpfung bei Vegetationsbränden wesentlich von "herkömmlichen" Feuerwehreinsätzen wie Zimmer- oder Pkw-Bränden. Wichtig ist hierbei das Merkwort "LACES", welches seinen Ursprung im "Amerikanischen" hat. Da viele dieser Erkenntnisse aus den Vereinigten Staaten stammen, wurden auch die internationalen Bezeichnungen im deutschen Sprachgebrauch übernommen. Die dieser Eselbrücke zugrunde liegenden Bedeutungen "Lookout", "Ancher point", "Communication", "Escape routes" und "Safety zones" stammen von dortigen Waldbrandspezialisten.
Der Lookout (Ausguck) ist ein Sicherungsposten, der Änderungen des Brandverhaltens wie einen Wechsel der Windrichtung oder Spotfeuer erkennen und melden soll. Mit dem "Ancher point", also dem Ankerpunkt wird ein sicher abgelöschter und überwachter Bereich bezeichnet, von dem ein Löschangriff gestartet wird. Vor allem soll von diesem Punkt aus verhindert werden, dass ein Feuer den Einsatzkräften „in den Rücken fällt“. Die "Communication" unter den Einsatzkräften ist entscheidend, um über aktuelle Befehle, Lageänderungen und Vorgehensweisen einheitlich informiert zu sein. "Escape routes (Fluchtwege) und Safety zones (Sicherheitsbereiche) werden festgelegt, bevor ein Feuer zur Gefahr für die Löschmannschaften wird.
Dabei muss es nicht zwingend eine Großlage sein, sondern auch Kleinfeuer können mit den in der Schulung erworbenen Kenntnissen effektiv gelöscht werden. Im anschließenden praktischen Teil der Ausbildung wurden Methoden trainiert, die es möglich machen diese Art von Bränden, ohne oder nur mit sehr wenig Wasser zu bekämpfen. Da es sich bei den meisten Waldbränden um Bodenfeuer handelt, kommen vorrangig Strahlrohre mit Sprühstrahl zum Einsatz. Ein Vorteil ist hier die besonders gute Manövrierfähigkeit von den kleinen und handlichen D-Schläuchen, mit denen eine dynamische Strahlrohrführung möglich ist. Um eine Ausbreitung des angenommenen Feuers zu verhindern, wurden sogenannte Wundstreifen im Boden angelegt und mit den 20 Liter fassenden Löschrücksäcken sowie den Feuerpatschen die Brandbekämpfung vorgenommen.
Ein wesentlicher Bestandteil der Übung war das taktisch richtige Einsetzen des Waginger Tanklöschfahrzeugs im "Stop-and-Go-Betrieb". An der Grenze zum sicheren "Grünbereich" wurde die Brandausbreitung von einem Löschtrupp verhindert. Der im Brand befindliche Bereich wird als "Schwarzbereich" bezeichnet. Das 2500 Liter Wasser fassende Tanklöschfahrzeug fuhr in Schrittgeschwindigkeit immer an dieser imaginären Grenze entlang. Ein nachfolgender Trupp löschte die angenommen verbliebenen Brandflächen ab. Die rund 40 beteiligten Feuerwehrfrauen und -männer konnten zum Abschluss der Übung zahlreiche neue Erkenntnisse erlangen beziehungsweise auffrischen.
„Im weitläufigen Waldgebiet hier im Weitmoos, dass sich bis Rückstetten bei Teisendorf erstreckt, ist die Gefahr eines Vegetationsbrandes durchaus gegeben. Aus diesem Grund sind die getroffenen Vorbereitungen der Feuerwehren absolut notwendig, um im Ernstfall rasch die benötigten Einsatzmittel mit der richtigen Taktik zum Einsatz zu bringen“, so das Resümee von Wolfgang Sedlmayer.

Text und Bilder
Thomas Pfeffer, Hubert Hobmaier
Kreisfeuerwehrverband Traunstein
Feuerwehr Waging