02.06.2024
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100 Einsatzkräfte aus dem Landkreis Traunstein unterstützen in Pfaffenhofen

Hilfeleistungskontingent Traunstein seit gestern im Katastrophengebiet – Minimale Zeitspange zwischen Anforderung und Ausrücken
 
Landkreis Traunstein. Am gestrigen Samstagnachmittag (1.6.) wurde die Feuerwehr-Führungsstelle Chiemsee aufgerufen, um die Zusammenstellung und die Verlegung von Hilfskräften nach Pfaffenhofen an der Ilm zu koordinieren. Der dortige Landkreis hatte seit 13:30 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen und über den behördlichen Weg Verstärkung zur Deichverteidigung angefordert. Innerhalb weniger Stunden wurde ein Hilfskonvoi zusammengestellt, der sich gegen 21 Uhr auf den Weg machte.


Am Samstag (1.6.) wurden um 18:54 Uhr die Mitglieder die Feuerwehr-Führungsstelle Chiemsee nach Erlstätt alarmiert um die Zusammenstellung eines Hilfeleistungskontingents als Unterstützung nach Pfaffenhofen an der Ilm zu koordinieren. Kurz zuvor wurden im Landratsamt Traunstein die nötigen Informationen sowie die Anforderungen für das Hilfeleistungskontingent besprochen.


Bis zur Abfahrt um 21 Uhr wurden 15 Feuerwehrfahrzeuge mit rund 80 Feuerwehrmännern und -frauen sowie Helfern des Malteser Hilfsdienstes aus Traunstein in den Bereitstellungsraum nach Trostberg alarmiert, um im Konvoi die etwa 150 kilometerlange Strecke in das Unglücksgebiet anzutreten. Der Abteilungsleiter des Landratsamtes Traunstein für Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Dr. Wolfgang Krämer, dankte bei der Besprechung vor der Abfahrt allen Helfern für die schnelle und reibungslose Zusage, sich an diesem überörtlichen Einsatz zu beteiligen. „Passt gut auf euch auf, gebt euer Bestes, um vor Ort zu helfen und kommt gesund nach Hause zurück“, betonte er in seiner kurzen Ansprache.


Die weiter steigenden Pegel der Flüsse, insbesondere der Paar, hat das dortige Landratsamt zu diesem Schritt bewegt. Der Pfaffenhofener Landrat Albert Gürtner hofft, dass mit gebündelten Kräften betroffenen Bürgerinnen und Bürgern noch gezielter und schneller geholfen werden kann. Nach der Koordination mit dem Landratsamt Traunstein übernahm Kreisbrandrat Christof Grundner die Kontingentführung.


Begleitet von Kreisbrandmeister Alexander Heide und Fach-Kreisbrandmeister Matthias Seidenfuß rückten sie mit Feuerwehrleuten aus Erlstätt, Fridolfing, Grassau, Heiligkreuz, Inzell, Kammer, Kirchanschöring, Nussdorf, Obing, Stein an der Traun, Traunreut, Unterwössen und Waging nach Pfaffenhofen aus.


Ergänzt wurden die Feuerwehren von 14 Einsatzkräften des Malteser Hilfsdienstes der Schnelleinsatzgruppen SEG Betreuung, SEG-Verpflegung und SEG-Transport sowie einer Logistikeinheit. Sechs schwere LKW und einem Tankanhänger wurden daraufhin beladen, um die selbstständige Versorgung der Traunsteiner Hilfskräfte für etwa 48 Stunden sicherzustellen.


Nach der Ankunft gegen 1 Uhr nachts in der Gemeinde Baar-Ebenhausen wurden die Helfer in den ersten vier Stunden zum Befüllen und Bereitstellen von über 12.000 Sandsäcken eingesetzt. Im Anschluss an ein kurzes Frühstück blieb etwas Zeit Schlaf nachzuholen, ehe die nächsten Einsatzaufträge eingetroffen sind. In Zusammenarbeit mit den Pfaffenhofener Kräften und dem Hilfeleistungskontingent aus Rosenheim musste zunächst ein durchbruchgefährdeter Deich gesichert werden.


Die tagelangen, untypisch hohen, Regenmengen haben zu einem Durchweichen der Böden und Dämme geführt und so deren Stabilität signifikant beeinträchtigt. Bereits um 18 Uhr an Paar am Samstagabend wurde die Meldestufe 4 bei 3,30 Metern erreicht und stieg weiter an. Um 21.30 Uhr wurde mit 3,48 m der bisherige Höchstwert der Aufzeichnungen vom 3,38 m aus dem Jahr 2013 bereits deutlich überschritten. Der erwartete Extrempegelstand wurde mit 3,86 m um 4 Uhr nachts erreicht, seitdem sinkt der Pegel langsam, aber kontinuierlich.


Nachdem sich abzeichnete, dass der Deich nicht gehalten werden konnte und das Wasser alle zusätzlich errichteten Sperren und Wälle überlaufen würde, mussten die gefährdeten Ortsteile evakuiert und die Verteidigung des Dammes aufgegeben werden. „Die Lage war am Eskalieren, so wurde die höchste Priorität auf die Rettung von Menschenleben gelegt und die umgehende Evakuierung aller betroffenen Ortsteile angeordnet“ berichtet Florian Appelt, Leiter der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) im Landratsamt Traunstein, der das Traunsteiner Kontingent mit seinem Kollegen Herbert Kaltner begleitet.


In Folge des Dammbruchs folgte unter anderem weitläufiger Stromausfall. Das Waginger Führungsfahrzeug unterstützt seitdem die örtliche Einsatzleitung mit Infrastruktur, Energie und Satelliteninternet. „Gott sei Dank geht es uns allen gut und wir sind gesund. Es gibt aktuell keine schlimmeren Probleme. Erschöpfung und Müdigkeit steckt allerdings schon in den Knochen unserer Helfer“, stellt Kreisbrandmeister Alexander Heide am Sonntagmittag nach 15 Stunden Einsatz fest.
Derzeit werden erneut Aufgaben verteilt und unter anderem die Einsatzleitung vor Ort rund um den 1. Bürgermeister Ludwig Wayand, verstärkt. Von allen Seiten ist immer wieder wahrzunehmen, dass die Zusammenarbeit wie eine „gut geölte Hochleitungsmaschine“ läuft. „Jeder hier zieht mit aller Kraft für den Schutz der Bürger und deren Hab und Gut an einem Strang“, stellt Florian Appelt fest.


Trotz der Aussendung von Einsatzkräften und Geräten nach Pfaffenhofen an der Ilm ist der sind die Feuerwehren im Landkreis Traunstein uneingeschränkt einsatzbereit. „Die 80 Feuerwehren sind weiterhin sehr gut aufgestellt und in der Lage, die bei uns anfallenden Einsatzszenarien zuverlässig abzuarbeiten“, betont. Hubert Hobmaier, Fach-Kreisbrandmeister für Presse- und Medienarbeit und ergänzt, „der einzige Unterschied in diesen Tagen ist, dass die Nachbarfeuerwehren gegebenenfalls schneller zur Unterstützung heraneilen, als dies normalerweise der Fall ist“. SL

Text
Hubert Hobmaier, Stefan Lohwieser, Kreisfeuerwehrverband Traunstein
Abgestimmt mit Michael Reitmeier, Landratsamt Traunstein

Bilder
Alexander Heide, Hubert Hobmaier, Kreisfeuerwehrverband Traunstein
Andreas Haitzer, Feuerwehr Kammer